Hinrich Hilmer wurde am 30. Dezember 1891 als jüngstes von fünf Kindern von Hermann und Anna Sophie Karoline Hilmer geboren (1). Die Familie war seit 1851 ansässig in der "Colonie zu Bloherfelde" (auf dem Kolonat 55, 2.2.1851), dem späteren Petersfehn. Der Hof an der Woldlinie befindet sich noch heute im Familienbesitz (Hausnr. 32).


Das Elternhaus an der Woldlinie, davor die Familie seines Bruders Gerhard, Aufnahme ca. 1929/30 (2)

Nach dem Besuch der Petersfehner Volksschule begann der 14jährige Hinrich Hilmer am 17. April 1905 eine Lehre beim Malermeister Martin Suhr in Eversten. Am 29. April 1910 erhielt er das Gesellenprüfungszeugnis der Maler- und Lackierer-Innung zu Oldenburg mit der Note "gut" und den Lehrbrief mit der Note "sehr gut".

Im Anschluß an die Lehre begab sich Hinrich Hilmer auf die Wanderschaft, während der er bei u.a. bei Malern um Arbeit nachfragte oder Aufträge für Werbemalereien erhielt. Die erste Wanderschaft führte ihn über Hannover und Hildesheim nach Thüringen, wo er u.a. Jena und Apolda besuchte.

Die Jahre 1911 und 1912 verbrachte er vom Frühjahr bis zum Herbst in der Region Hannover, u.a. in Marienwerder, Isernhagen und Bad Nenndorf. 1913 führte ihn die Wanderschaft über Elberfeld nach Aachen, wo er für etwa drei Monate im Hotel "Grand Monarque" Malereiarbeiten ausführte, in seiner freien Zeit besuchte er die Region des Dreiländerecks. Über Bingen, den Taunus und Frankfurt führte sein Weg dann nach Hannover, wo er ab November 1913 die Kunstgewerbeschule besuchte.

Bereits als Schüler und während der Lehre hatte Hilmer mit dem Zeichnen begonnen, und auf seiner Wanderschaft schuf er eine ganze Reihe von Landschaftsaquarellen. Seine Aufnahmearbeit war das Aquarell eines goldfarbenen Kerzenleuchters (Inv. 73). Bis zu seiner Einberufung zum Militärdienst wohnte Hilmer in der Leisewitzstr. 16 in Hannover zur Miete bei einem "Frl. Flamme".

Zu Beginn des 1. Weltkrieges wurde im Rahmen der allgemeinen Mobilmachung der 23jährige Hinrich Hilmer am 14. August 1914 zum Militärdienst einberufen, zuerst in Hannover, später in Munster-Lager von wo aus er im Mai 1915 mit seiner Kompanie an die französische Front verlegt wurde. Er kam Anfang Juni in der östlichen Picardie an, in die Gegend von Soissons. Bereits nach wenigen Wochen wurde er verwundet und kam im Juli mit einer Beinverletzung in das Lazarett ins nahe Chauny. Von dort wurde er im August nach Würzburg und im November dann nach Bad Brückenau verlegt.

Anfang 1916 meldete sich Hilmer aus Strassburg, wo er mit "fachmännischen Arbeiten" beauftragt war. Die Verleihung des Eisernen Kreuzes am 26. April in Veslud bei Laon ist das letzte vorliegende Dokument seines Lebens.

Bei www.denkmalprojekt.org wird Hinrich Hilmer in der Verlustliste des
Reserve Infanterie Regiments 92 (39. Res. Brig.;19. Res. Div. 1. Bataillon, 2.Komp.) als "vermisst" aufgeführt mit der Angabe "30.9.1917 bei Becelaere".

Die Vermisstenmeldung ihres jüngsten Sohnes traf die Familie hart. Vermutlich erlitt der Vater bei der Nachricht einen schweren Infarkt oder Kollaps, denn am 11. Oktober 1917 wurde ein Richter nach Petersfehn bestellt um im Haus an der Woldlinie ein Testament aufzunehmen. Nur sechs Tage später verstarb der Vater. Seine Frau Karoline soll - nach Erinnerung meiner Mutter - seitdem nicht mehr gesprochen haben.



Die Familie von Gerhard Hilmer mit der Mutter Karoline, Foto ca. 1921/22 (3)


Auf den Schlachtfeldern bei Ypern in Belgien endete ein junges Talent, das aus den bescheidenen bäuerlichen Lebensbedingungen der Petersfehner Kolonie erwachsen war. In den Portraits und in manchen aquarellierten Landschaften und Stilleben zeigte sich eine Begabung der die Entfaltung versagt blieb.

Der Hof an der Woldlinie, abgebildet in einer Tageszeitung von 1952 (4)

Erhalten sind etwa 155 Bilder von Hinrich Hilmer - entstanden in gerade einmal fünf Jahren. Mein Grossvater Gerhard Hilmer (1881 - 1975) verwahrte den Nachlass des jüngeren Bruders in seiner Kammer im Petersfehner Hof. Wenige Wochen vor seinem Tod übergab er mir alle Bilder und Dokumente, mit Strohband eingeschlagen in braunem Wachspapier. Ich beendete zu der Zeit gerade in Kassel mein Malereistudium, das ich 1969 in Bremen begonnen hatte - gegen den entschiedenen Widerstand besonders meines Vaters. In Erinnerung an seinen Bruder Hinrich setzte mein Grossvater meinen Willen durch.

Im Juli 2010 wurde der Nachlass Hinrich Hilmers samt allen Dokumenten dem Oldenburger Stadtmuseum übergeben.
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Hartmut Witte



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1)
Die Geschwister: Margarete (1878), Gerhard (1881), Hermann (1888). Zwei weitere Töchter der Hilmers starben in den ersten Lebenswochen.

2)
von links nach rechts: Emma (*1923), Gerhard (*1913), Adele Hilmer (geb. Jenn), August (*1916), Gerhard Hilmer, Hermann (*1909), Heino (*1926)

3)
Karoline Hilmer (2. von rechts) mit Adele und Gerhard Hilmer und ihren Kindern Gerhard, Hermann und August.

4)
Aufnahme von Helmut Hegeler, dem Mann der Tochter Hertha (*1930)

5) Auf diesen Seiten ist der Bestand fast vollständig abgebildet und dokumentiert.